Wie ein Anfang
So wie heute, so war es auch gestern, und auch schon viel früher. Aber der Wind hat sich schon so oft gedreht, und trotzdem ändert sich stets so wenig. Warum ich nichts sage, warum ich so still bin, warum ich so stumm bin. So bin ich eben, und so werde ich auch sterben. So wie Mathieu, so wie Salomon nie sein kann. Wandelnde Stille, stumme Zartheit, endloses Wehtun.
So wie heute auch morgen, und übermorgen. Also umsonst. Dieses Gefühl des Ertrinkens, sogar im Asphalt. Ich rase, er rast. Er holt mich ein. Meine Finger auf dem Telephonhörer, mein Wille, es läuten zu lassen. Es ist wie ein weiches Gleiten, wenn Menschen zusammen essen. Wie ein Nebelschleier, einlullend. Je mehr Menschen zusammenkommen, desto stiller werde ich, desto mehr ziehen sich alle meine Organe zusammen und bilden einen Knotenpunkt, der mich umschliesst. Der weder Mann noch Frau an mich heranlässt, der es mir absolut unmöglich macht, zu kommunizieren. Und deshalb ist es so still.
Der Mensch ist ein einsamer Denker, weich wie ein Mollusk.
Das Gefühl, sich selbst in den Augen anderer so zu fühlen, wie man sich als Kind vor dem Spiegel gefühlt hat, unwiderstehlich und unik. Ein Gebirge von Energie, zu schön um nicht getrunken zu werden. Ein Sturm aus Fleisch und Blut. Ausgefüllt von purer Liebe. Ruhm ist das alles zugleich, und doch wie ein Schatten.
[ Morgens, wie immer; ich mache die quietschende Schranktür auf. Ich suche etwas zum Anziehen aus, etwas Schwarzes, einen langen Rock, ein Paar Schuhe. Dann noch schnell ins Badezimmer, nein, eher langsam, denn morgens bin ich langsam, weil ich immer viel zu früh aufstehe und soviel Zeit übrig habe. Also langsam. Ein bisschen Puder – das Weiß meines Gesichts. Und dann geht es los, wie jeden Morgen. Und jeder Morgen ist eine Gegenwart, und trotzdem macht mir jeder Morgen aufs Neue Angst. Es könnte ja etwas grässliches passieren, ein wichtiger, unangenehmer Termin anstehen, so etwas. Und auch die Morgen die erst in langer Zeit sein werden, drohen mir jetzt schon wie Verhängnisse, die mir zurufen, wir kriegen dich doch, eines Tages kriegen wir dich ]
Dann muss ich immer an die Engel denken, wie die das wohl erleben, das stetige Fortschreiten der Tage. Ob sie auch so leiden, oder ob sie immer nur lieben, teetrinken, auf Wolken gehen. Ob sie überhaupt irgendetwas schaffen können, ohne sich von einer unerträglichen Alltäglichkeit lösen zu müssen. Sie brauchen sich auch keine Fragen über ihre Essenz zu stellen, denn sie sind nicht, was sie tun oder was sie scheinen, sondern was sie sind und immer schon waren. Immer schon waren, immer
Der Stoff der Engel ist fein, ganz anders. Sterblich werden die Engel nur, um zu lieben.
Mein Herz so wie gestern, oder nicht? Ich will, dass es für immer rosarot und zart bleibt, immer frei um dir geschenkt zu werden. Und frei, meins zu bleiben.
Diese Lust dich ganz aufzunehmen. Wie egoistisch von mir. Sprich zu mir, lauter, sag mir Wahrheiten, die mich verletzten, um mich schnell wieder zu heilen
Les anges n’ont pas de sexe, puisqu’ils sont éternels
Auguste Comte
W O N D E R F U L